APA – der beliebteste Zitationsstil der Welt?
Eine kurze Geschichte von den allerersten Richtlinien bis hin zu APA 7
Der APA-Zitationsstil ist der wahrscheinlich am meisten verwendete Zitationsstil der Welt. Seit 1952 wurden die unterschiedlichen Auflagen des „Publication Manual of the American Psychological Association“ insgesamt über 15 Millionen Mal verkauft. Das Handbuch wurde offiziell in über 13 Sprachen übersetzt, darunter sowohl namhafte Stilvarianten als auch viele inoffizielle Übersetzungen.
In Citavi ist der APA 6th Zitationsstil der am häufigsten abgerufene, englischsprachige Zitationsstil. Der DGPs-Stil, eine enge deutschsprachige Adaption des APA-Stils, folgt direkt dahinter an zweiter Stelle. Und in dieser Statistik wurden die vielen Stilvarianten von Zeitschriften, deren Richtlinien auf APA basieren, noch nicht einmal berücksichtigt. Selbst wenn der Traum von einer universellen Zitierweise vielleicht nie wahr werden sollte, ist der APA-Stil auf gutem Weg dorthin.
Wie wurde ein Zitationsstil so berühmt? Und das nicht nur innerhalb der Organisation, in der er entwickelt wurde, sondern in den ganzen USA - und von dort aus in der ganzen Welt.
Der Beginn des Zitierens im Text
Man kann sich heute nur schwer vorstellen, dass es vor nicht allzu langer Zeit weder Nachweise im Text, noch Literaturverzeichnisse gab. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden abgesehen von ersten Experimenten, nur Fußnoten in wissenschaftlichen Publikationen verwendet. Fußnoten benötigten jedoch viel Platz und erschwerten den Satz beim Druck, wodurch dessen Kosten stiegen. Im frühen 20. Jahrhundert begannen die ersten naturwissenschaftlichen Zeitschriften damit, kürzere Zitierformen, bestehend aus dem Namen des Autors und dem Veröffentlichungsjahr, im Text zu platzieren (Connors, 1999). Die vollständigen Quellenangaben dieser Kurzzitierweise konnten im Literaturverzeichnis am Ende der Publikation gefunden werden. Außerhalb der USA wurde diese Zitierweise unter dem Namen „Harvard System“ bekannt. Die Bezeichnung wird auf einen Gastwissenschaftler zurückgeführt, der das System in seine Heimat nach Großbritannien mitbrachte (Chernin, 1988). In den USA ist es eher als Autor-Jahr-System (engl. „author-date system“) bekannt. Unabhängig vom Namen des Systems, wurde es in naturwissenschaftlichen Fächern so berühmt, dass kaum eine Zeitschrift mehr Fußnoten verwendete. Jedoch nutzen mittlerweile viele den Nachweis im Text in Form einer Nummer.
Zur selben Zeit wurden auch immer mehr Versuche unternommen, formalisierte Regeln für das Einreichen eines Manuskripts bei einer Zeitschrift zu schaffen. Zuvor hatten die meisten Autoren ihre Fußnoten so formatiert, wie sie ihrer Annahme nach am besten zu den Traditionen ihres Faches passten. Es gab einige Gründe für den Weg hin zu formalen Richtlinien: eine deutliche Zunahme an wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Manuskript-Einreichungen; neue Fächer in den Sozialwissenschaften, die als objektiv und wissenschaftlich angesehen werden wollten; wissenschaftliche Institutionen, die sich legitimieren wollten und Bemühungen, die Lesbarkeit der Artikel zu verbessern (Connors, 1999).
Die erste Version des APA-Stils
All dies führte schlussendlich zur Entwicklung des APA-Stils – und das waren noch längst nicht alle Gründe. Wie die Autorin des APA-Blogs Anne Breitenbach (2016) erklärt, war der Hauptgrund für die Veröffentlichung dieser Richtlinien, den Verlagen Geld und Zeit zu sparen. Denn die von den Autoren eingereichten Manuskripte waren meist zu lang, uneinheitlich formatiert und inhaltlich nicht stringent. Durch die Richtlinien wurde den Autoren geholfen, die Qualität ihrer Einreichungen zu verbessern.
Jedoch sah nicht jedes Mitglied der APA auch diesen Bedarf. Wie eine Korrespondenz aus dem Jahr 1904 bezeugt, waren sich insbesondere zwei prominente Vertreter uneins darüber, was die Formalisierung anging: Edward B. Titchener, der Leiter des psychologischen Labors der Cornell University und James Mckeen Cattell, der Herausgeber der Zeitschriften Science, Scientific Monthly und des Psychological Reviews. Ein Argument Titcheners, das heute noch viele Unterstützer hat, war, dass die Konzentration auf Schreibweise und Zeichensetzung die ästhetische Qualität des Schreibens zerstören würde. Das war schön und gut, doch erlebte der Herausgeber Cattell selbst am besten, welches Kopfzerbrechen die Vereinheitlichung vieler verschiedener Varianten bereitete (Sigal & Pettit, 2012). Während die APA immer mehr Mitglieder fand und die Professionalisierung zunahm, wurde die Sichtweise Cattells zur vorherrschenden. Die ersten Richtlinien wurden 1929 in einer Ausgabe des Psychological Bulletin abgedruckt, jedoch mit der abschwächenden Notiz, dass „the committee realizes that it neither has, nor wishes to assume, any authority in dictating to authors, to publishers or to editors; but it suggests the following recommendations for use as a standard of procedure…” (Bentley et al., 1929).
Die ersten APA-Richtlinien hatten folglich reinen Empfehlungscharakter.
Empfahl der original APA-Zitationsstil auch das Autor-Jahr-System? Zunächst gab es fast keine Richtlinien für das eigentliche Zitieren. Die meisten Vorgaben bezogen sich auf die Form und den Inhalt des Artikels allgemein. Die Details zum Zitieren umfassten nur eineinhalb von den insgesamt sieben Seiten. Und die Details blieben dabei zugegebenermaßen sehr offen gefasst. Die Autoren konnten wählen, entweder das Fußnotensystem oder einen Nachweis im Text zu verwenden. Letzterer konnte dabei entweder eine Nummer oder eine Art von Kurznachweis umfassen, die jedoch nicht näher beschrieben wurde. In der Praxis wurde ein Nummernsystem verwendet (Connors, 1999, p. 229). Und das, obwohl das Fußnoten-System in den Richtlinien zuerst genannt und nur dieses mit konkreten Beispielen verdeutlicht wurde!
Der Weg zum Autor-Jahr-System
Im Laufe der Jahre bewegte sich APA langsam immer weiter weg von den Fußnoten. Überarbeitete Richtlinien aus dem Jahr 1944 priorisierten das Referenznummernsystem. Erst in den 1950er Jahren bildete sich das APA-System aus, wie wir es heute kennen. Dazu kam es jedoch fast nicht.
Robert Connors (1999) erklärt die Hintergründe:
This 1957 APA Manual is a fascinating little piece of work for the epistemological power struggle it seems to reveal. During the course of its preparation, the project coordinator, Chauncey Louttit, died and was replaced. The booklet was apparently already in press and, indeed, set in type, showing the older APA citation style (parenthetical boldface numbers in text and numbered list of references at end). But after Louttit's death, the Council of Editors, acting at the last moment, overrode his revision and printed his original pages struck through with black lines. Their contents have been replaced by tipped- in errata pages, numbered 28a, etc., that detail the "new" APA style (name/date in parentheses). The APA journals began to enforce the new style absolutely a year later. Why and how this occurred is lost in the mists of time, but it certainly looks like some kind of coup de style against the deceased editor. (p. 230)
Die Referenznummern-Richtlinien des verstorbenen Herausgebers wurden nach dessen Tod kurz vor Druck durch das Autor-Jahr-System ersetzt. Man fragt sich, was aus APA geworden wäre, wenn das Buch wie geplant gedruckt worden wäre. Wäre es genauso weit verbreitet und genutzt wie es heute der Fall ist? Das Timing war in jedem Fall perfekt für das Autor-Jahr-System. Nach der G.I. Bill in den USA gingen junge Männer, die im zweiten Weltkrieg gedient hatten, nun in Scharen aufs College. Ein einfacheres Zitiersystem wurde nötig (Connors, p. 233). Das befeuerte den Schritt in Richtung APA zunächst in der Psychologie und anschließend in anderen Sozialwissenschaften sowie MLA in den Geisteswissenschaften. Im Laufe der Zeit würden sich beide Zitationsstile über ihre Disziplinen hinaus ausbreiten und allgemein verwendet werden. Heute werden beide Stile häufig in Grundkursen zum wissenschaftlichen Arbeiten und in verschiedenen Disziplinen verwendet, für die sie ursprünglich nicht gedacht waren.
Aber wie konnte APA so hervorstechen? Das lag mit großer Wahrscheinlichkeit daran, dass der Fachbereich der Psychologie immer populärer wurde. Und das sowohl bei Wissenschaftlern als auch der Bevölkerung, da viele Menschen mit den Folgen des Krieges zu kämpfen hatten. Diese beiden Faktoren führten dazu, dass APA so bekannt wurde. Dass andere sozialwissenschaftliche Disziplinen den Stil in den 1970er Jahren übernahmen, breitete die Reichweite des Stils noch weiter aus. Heute ist APA der de facto Standard der Sozial- und Verhaltens-, Natur-, Kommunikations-, Bildungs-, Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften.
Relevant bleiben
Für alle Studierenden, die je Kommata, Punkte, Kursivierungen und Einrückungen zwei oder drei Mal nachkontrollieren mussten, scheint der Stil ein unverrückbarer Standard zu sein. Bei Studienbeginn erhält man in den USA sein APA-Handbuch, das einem wie ein unantastbares Regelwerk vorkommt, welches schon immer existierte und unveränderlich ist. Aber das ist überhaupt nicht der Fall. Das wird einem erst bewusst, wenn man sich die Veränderung des APA-Stils im Laufe der Jahre anschaut.
Auch wenn das andauernde Interesse an der Psychologie und anderen sozialwissenschaftlichen Fächern mit Sicherheit zu APAs Bekanntheit beigetragen hat, so hatte auch die englischsprachige Dominanz in diesen Fächern ihren Anteil daran. Nicht minder verantwortlich ist jedoch auch die Tatsache, dass die APA ihre Richtlinien aktuell hält, um die aktuellen Gegebenheiten der Zeit abzubilden. In der Ausgabe von 1974 fügte APA einen Absatz hinzu, wie nicht-sexistische Sprache verwendet werden konnte. Diese Tradition hält bis heute an. In der siebten Auflage der APA-Richtlinien, die im Oktober 2019 veröffentlicht wurden, war eine große Änderung die Einführung des „they“ (dt. sie) im Singular, wenn das Geschlecht für die Bedeutung des Satzes nicht von Belang war. Auch die Empfehlungen für inklusive Sprache wurden ausgeweitet.
Natürlich sind für Studierende insbesondere die Richtlinien zum Zitieren von Interesse. Was hat sich daran also geändert?
Die siebte Auflage hat allgemein einige Regeln vereinfacht und sie konsistenter gestaltet. Zum Beispiel gab es eine Regel beim Zitieren eines Zeitschriftenartikels, nach der die Heftnummer nur angegeben werden sollte, wenn die Paginierung innerhalb einer Zeitschrift fortlaufend war. Diese Regel verwirrte verständlicherweise viele Studierende. Jetzt sollen Heftnummern immer angegeben werden. Datenbanknamen müssen hingegen nicht mehr im Literaturverzeichnis genannt werden. Denn die meisten Artikel haben heute eine DOI und nicht alle Leser haben Zugriff auf dieselben Datenbanken. Eine weitere große Änderung ist, dass der Verlagsort bei Büchern nicht mehr angegeben werden muss.
Die sich verändernde Landschaft der Arten von Quellen wird in einem neuen Abschnitt abgebildet, der das Zitieren von Onlinequellen und Social-Media-Beiträgen beinhaltet. Sie werden nun Beispiele dafür finden, wie Sie einen Facebook-Post, einen Reddit-Thread, einen Tweet oder vieles mehr zitieren.
Einen Überblick über weitere große Änderungen zwischen der sechsten und siebten Auflage von APA kann auf der mybib.com-Webseite gefunden werden. Für einen Nachweis-für-Nachweis-Vergleich schauen Sie sich unsere vorläufige „APA 6 vs. APA 7“ PDF-Datei hier an.
Ist APA die Zukunft des Zitierens?
1999 schrieb Connors, dass der APA-Stil dabei wäre, in den nächsten fünf Jahrzehnten der de facto Standard in allen Fachbereichen zu werden (p. 232). Könnte es irgendwann einmal so weit sein, dass in der ganzen Welt nur APA zum Zitieren verwendet wird?
Es sieht danach aus, dass nach und nach immer mehr Herausgeber von Zeitschriften in Richtung APA-System gehen. Sie wenden sich damit ab von einem individuellen Zitiersystem, das speziell vom Herausgeberteam dieser Zeitschrift erstellt wurde. Just letzte Woche entdeckte unser Stil-Team, dass 319 Zeitschriften des Wiley-Verlags jetzt den APA 6th Stil übernommen haben.
Auch Universitäten folgen diesem Weg. In Nord- und Südamerika übernehmen gewöhnlich Fachrichtungen oder ganze Colleges bzw. Universitäten einen allgemein bekannten Zitationsstil wie APA oder MLA, anstelle individueller Richtlinien, die von einem Department oder Professor entworfen wurden.
Das sieht im Rest der Welt jedoch ganz anders aus. Beispielsweise in Deutschland oder Großbritannien gibt es viele sogenannte „Haus“-Stile, die für eine bestimmte Universität, ein Department oder gar ein Seminar individualisiert wurden. Oft sind die Regeln dieser Stile nicht konsistent oder detailreich genug. Man könnte auch argumentieren, dass die Zeit für die Erstellung eines neuen Stils doch besser für die Lehre oder Forschung eingesetzt wären. Es gibt schließlich Zitier-Experten, die sich bereits viele Gedanken darüber gemacht haben. Warum kann nicht einfach ein etablierter Stil wie APA verwendet werden?
Sollten Sie bereits einmal nach APA oder einer Variante davon zitieren? Was denken Sie über den APA-Stil und die zunehmende Standardisierung von Zitationsstilen? Wir würden sehr gerne Ihre Meinung auf unserer Facebook-Seite erfahren.
Zur Vertiefung
American Psychological Association. (2019, August 6). Seventh edition of APA's Best-Selling Publication Manual to publish in October with a 700,000 first printing [Press release]. Chicago. https://www.apa.org/news/press/releases/2019/08/publication-manual
Anderson, J. E., & Valentine, W. L. (1944, June). The preparation of articles for publication in the journals of the American Psychological Association. Psychological Bulletin, 41(6), 345–376.
Bentley, M., Hodge, F.W., Passano, E. B., Peerenboom, C.A., Warren, H. C., & Washburn, M. F. (1929). Instructions in regard to preparation of manuscript. Psychological Bulletin, 26(2), 57–63. https://doi.org/10.1037/h0071487
Breitenbach, A. (2016, July 14). The origins of APA style. APA Style 6th Edition Blog. https://blog.apastyle.org/apastyle/2016/07/the-origins-of-apa-style.html
Chernin, E. (1988, October). The "Harvard system": a mystery dispelled. British Medical Journal, 297, 1062–1063.
Connors, R. J. (1999). The rhetoric of citation systems, Part II: Competing epistemic values in citation. Rhetoric Review, 17(2), 219–245. https://doi.org/10.1080/07350199909359242
Sigal, M. J., & Pettit, M. (2012). Information overload, professionalization, and the origins of the Publication Manual of the American Psychological Association. Review of General Psychology, 16(4), 357–363. https://doi.org/10.1037/a0028531