Besinnliche Pause

Überwinden Sie den Negativitätsbias indem Sie Ihre Erfolge feiern

Bildnachweis: Free-Photos on pixabay

Der Jahreswechsel steht kurz bevor und viele von Ihnen haben sich mit Sicherheit bereits Gedanken über die guten Vorsätze für das kommende Jahr gemacht. Lautet Ihr Vorsatz, endlich fleißiger im Studium zu sein, wöchentlich mehr Seiten für Ihre Dissertation zu schreiben oder privat mehr Sport zu machen bzw. sich gesünder zu ernähren? Mit jedem Vorsatz hoffen Sie auf die Chance, im kommenden Jahr alles besser zu machen.

 

„Ein schlechtes Jahr“?

Hinter all der Planung für die Zukunft steckt der Anspruch, sich selbst zu optimieren. Wir möchten das vergangene Jahr ganz schnell hinter uns lassen – insbesondere, wenn 2019 beruflich oder privat ein paar schwierige Momente bereithielt. Man neigt dazu, „ein schlechtes Jahr“ schnell abzuschließen ohne auch nur einen Blick auf die vielen guten Dinge zurückzuwerfen.

Nicht nur einzelne Menschen tendieren dazu, auch ganze Firmen. Für Swiss Academic Software war 2019 auch gelinde gesagt ziemlich frustrierend. Obwohl die Entwicklung von Citavi Web große Fortschritte machte, konnten wir den Beta-Test aufgrund unerwarteter, größerer Hürden nicht wie geplant beginnen. Technische Probleme bei der Cloud-Kommunikation zwangen uns dazu, sowohl ein Update als auch einen großen Serverumzug zu verschieben. Erst im Anschluss daran jedoch kann Citavi Web zum Testen freigegeben werden.

Hätten wir als Firma nur unser Hauptziel bei der Bewertung des Jahres 2019 im Blick, würde das Ergebnis nicht gut ausfallen. Gewiss gab es 2019 aber auch schöne Momente: weltweit viele neue Citavi-Nutzer, neue Kollegen, mehr Austausch mit unseren Kunden über unseren Blog und Social-Media-Kanäle, neue Add-ons, ein neues Design für den Picker und viele andere hilfreiche Funktionieren wie beispielsweise Kapitel-Literaturverzeichnisse.

 

Unser Fokus aufs Negative

Wenn auch Sie das Gefühl haben, dass 2019 ein „schlechtes Jahr“ war, blicken Sie zurück auf das gesamte Jahr. Sie werden ganz bestimmt auch guten Erinnerungen begegnen. Möglicherweise haben Sie eine Trennung durchlebt … die wiederum eine Freundschaft intensiviert hat. Oder Sie sind bei einem Wirtschafts-Seminar durchgefallen … sind sich dabei aber bewusst geworden, dass Sie Ihre Zeit viel lieber mit Grafikdesign verbringen. Die guten Dinge müssen mit Ihren schlechteren Erfahrungen nicht unbedingt in direkter Beziehung stehen. Sie haben vielleicht etwas Neues gelernt, ein traumhaftes Reiseziel entdeckt oder eine neue Freundin gefunden. Auch kleine Momente zählen: ein schöner Abend mit Freunden, ein magischer Sonnenaufgang, ein motivierendes Kompliment Ihres Betreuers.

Wenn wir auch darauf schauen, was dieses Jahr gut lief und nicht nur was nicht, fällt unsere Bewertung viel differenzierter aus. Warum neigen wir überhaupt dazu, das Negative viel mehr im Blick zu haben? Warum konzentrieren wir uns nicht auf das Positive?

Leider sind wir Menschen evolutionsbedingt auf dieses Verhalten programmiert. Statt einen sonnigen Tag zu genießen und sich später mit Freude daran zu erinnern, mussten unsere Vorfahren die Zeichen von Gefahr, wie den Anblick eines hungrigen Löwen am Horizont, sofort erkennen und auch später wieder abrufen können. Auch wenn es in der modernen Gesellschaft für die meisten von uns keine drohende Gefahr gibt, haben negative Erfahrungen in fast allen Bereichen einen viel größeren Einfluss auf uns als Positive.

In der Psychologie gibt es einen Begriff für unsere Tendenz, uns an unliebsame Ereignisse viel besser zu erinnern: der Negativitätsbias oder der Negativitätseffekt. Er erklärt das Phänomen, warum der eine negative Kommentar Ihrer Professorin den gesamten Tag in Ihrem Kopf herumspukt, Sie aber die positiven Dinge, die sie sagte, schnell wieder vergessen.

Medienunternehmen machen sich dieses Phänomen zu Nutze. Haben Sie sich jemals gefragt, warum in den Nachrichten scheinbar eine Katastrophe auf die nächste folgt? An einem Tag passieren schließlich auch viele gute Dinge. Wir Menschen empfinden die negativen jedoch als wichtiger, weshalb in den Nachrichten eine unverhältnismäßig große Anzahl von Negativschlagzeilen dominiert.

 

Werden Sie sich des Negativitätsbias bewusst

Auch wenn er harmlos erscheinen mag, könnte der Negativitätsbias ungünstige Auswirkungen auf Ihr Leben haben. In einer Studie von Suzanne Segerstrom zeigte sich beispielsweise, dass Jurastudierende mit positiver Lebenseinstellung (die aufgrund dessen mutmaßlich gegen ihren inneren Negativitätsbias angehen konnten) nach 10 Jahren deutlich mehr Geld verdienten. Andere Studien deuten darauf hin, dass eine positive Einstellung gut für die körperliche und psychische Gesundheit sei.

Sie könnten dem entgegensetzen, dass die Studienteilnehmer von Natur aus optimistische Menschen waren. Ist es dann für Menschen, die eher pessimistisch veranlagt sind, überhaupt möglich, gegen den Negativitätsbias anzugehen?

Vollständig wird er wahrscheinlich nie verschwinden. Dennoch schätzen es einige Psychologen und Neurowissenschaftler als wahrscheinlich ein, dass entweder die Negativität unangenehmer Erlebnisse geschwächt oder das Verhältnis zu positiven Erfahrungen geändert werden kann. Dadurch kann man sich im Laufe der Zeit besser auf positive Dinge konzentrieren und sich auch leichter an sie erinnern.

Ein hilfreicher Schritt in die positive Richtung ist eine Bestandsaufnahme der eigenen Leistungen. Sie honorieren dabei Ihre Leistungen anstatt sich nur auf das zu konzentrieren, das nicht wie erhofft gelaufen ist. Bevor Sie also die letzten zwölf Monate schnell hinter sich lassen und nur auf die kommenden vertrauen, nehmen Sie sich Zeit, auch auf Ihre Erfolge in diesem Jahr zurückzublicken.

Möglicherweise ist Ihre Dissertation noch nicht so weit fortgeschritten, wie Sie es gerne hätten. Sie haben aber viel geschrieben und auch Lob für ein Kapitel erhalten. Zusätzlich sind Sie vorbildlich Ihren Lehrverpflichtungen nachgekommen.
Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass Sie noch Jahre von Ihrem Abschluss entfernt sind, haben aber dennoch dieses Semester den letzten Grundkurs erfolgreich bestanden.
Unter Umständen war Ihr Glanzmoment des Jahres privater Natur und Sie konnten einem Freund durch eine harte Zeit helfen. Versuchen Sie sich nicht danach zu bewerten, ob Ihr Erfolg groß oder klein war. Erkennen Sie ihn, und das was Sie geschafft haben, an.

 

Jeden Tag positiv erleben

Selbstverständlich wird Ihnen der nur einmal im Jahr geänderte Fokus nicht ausreichen, um Ihrem tiefsitzenden Negativitätsbias langfristig entgegenzuwirken. Wir empfehlen deshalb das Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) Programm, das dabei hilft, Stress besser zu bewältigen. Innerhalb von acht Wochen lernen Teilnehmer des Programms wie Meditation, Atemübungen und weitere Achtsamkeitsübungen bei der Stressbewältigung helfen. Jede Woche hat dabei einen speziellen Fokus. In einer Woche sollen die Teilnehmer während eines angenehmen Moments komplett innehalten und sich völlig darauf konzentrieren. Diesen durchleben und genießen sie mindestens drei Minuten lang. Währenddessen nehmen sie ihre Empfindungen und Sinne in genau in diesem Moment wahr: was sie riechen, sehen, wie sich ihr Körper anfühlt, etc. Am Ende des Tages rufen Sie diesen Moment und alle Details, an die sie sich erinnern, wieder ab.

Was steckt hinter dieser Übung? Es ist viel zu einfach, all die guten Dinge, die im Laufe eines Tages passieren, zu vergessen. Stattdessen erinnern wir uns nur an die negativen Erfahrungen. Wenn Sie jedoch wissen, dass Sie sich komplett auf eine angenehme Erfahrung einlassen und diese später wieder abrufen müssen, widmen sie ihr mehr Aufmerksamkeit und können sie folglich später leichter hervorholen. Wenn Sie Ihre schönen Erlebnisse in einem Tagebuch aufschreiben, halten Sie die guten Dinge fest. Darauf können Sie immer zurückgreifen und sich an die schönen Momente erinnern und sie erneut erleben.

Wie die vielen anderen Methoden des MBSR-Programms werden Sie durch sie ins Hier und Jetzt geholt. Wenn Sie einen schönen Moment komplett auskosten, leben Sie ganz in diesem Moment. Sie konzentrieren sich dann nicht auf Ihre Zukunftspläne. Wenn Sie ein Mensch sind, den der Blick auf die Zukunft ängstlich stimmt und dessen Gedankenkarussell sich immer dreht, kann diese Übung Ihnen eine willkommene Verschnaufpause geben.

Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie immer nur im Moment leben und nie Pläne machen sollten. Betrachten Sie diese Übung als Strategie, die Sie in das Leben zurückholt, das Sie genau jetzt leben. Es gibt nicht nur vergangene Erlebnisse in Ihrer Erinnerung oder Ängste und Hoffnungen für die Zukunft. Nutzen Sie die Chance, sich bewusst zu machen, dass Sie bereits jetzt in Ihrer Umgebung so viele gute Dinge erleben können. Unabhängig davon, was sonst noch an diesem Tag oder später passieren wird.

Lassen Sie sich nicht davon abhalten, Ihre guten Vorsätze für 2020 zu formulieren! Vergessen Sie dabei aber nicht, all das zu feiern, das Sie bereits geschafft und erreicht haben. Blicken Sie zurück auf die guten Momente, die jeder Tag für Sie bereithielt. Wir hoffen, dass Sie mit dieser Einstellung 2020 etwas weniger gestresst, ruhiger und friedlicher erleben werden.

 

Was waren Ihre bedeutendsten Erfolge dieses Jahr? Teilen Sie sie mit uns auf unserer Facebook-Seite, dass wir sie mit Ihnen feiern können!

Erstellt von: Jennifer Schultz – Veröffentlicht am: 31.12.2019
Tags: Besser arbeiten


Über Jennifer Schultz

Jennifer Schultz ist die einzige Amerikanerin im Citavi-Team, was ihr ihre Kollegen aber (normalerweise) nicht verübeln. Ihre Leidenschaft, Wissenschaftler bei ihrer Arbeit zu unterstützen, brachte ihr einen erfolgreichen Studienabschluss. Sie mag es aber auch, schwierige Sprachen zu lernen, draußen in der Natur zu sein und ihre Nase in ein Buch zu stecken.

Get a regular dose of research inspiration. Enter your email address to get bi-weekly emails whenever new content is added.