Die Reiseroute für Ihr Schreibprojekt

Ihre Gliederung

Bildnachweis: oxana v on Unsplash

Wenn bei mir ein Urlaub bevorsteht, stelle ich mir am liebsten eine grobe Reiseroute zusammen. Ich lege darin fest, wo ich einen meiner Urlaubstage verbringen und was ich dort unbedingt besichtigen oder erleben möchte. Dabei achte ich darauf, dass die Ziele meiner Reiseroute in logischer Abfolge aufeinander liegen. So muss ich nicht unnötig lange Strecken reisen, wieder umkehren oder dieselbe Straße zwei Mal fahren. Mit meiner Reiseroute plane und gestalte ich meinen Urlaub im Voraus. Dann kann ich mir während meiner Reise sicher sein, dass ich die für mich wichtigsten Bauwerke anschaue und Dinge unternehme, indem ich mich nach meiner Reiseroute richte. So behalte ich den Überblick.

Auch die Gliederung Ihrer wissenschaftlichen Arbeit können Sie sich als eine Art Reiseroute für Ihr Schreibprojekt vorstellen. Egal ob Sie einen zweiseitigen Aufsatz oder eine Dissertation schreiben: es hilft, vorab die zentralen Inhalte und deren Reihenfolge in Ihrer Arbeit abzustecken. Wie dank Ihrer Reiseroute im Urlaub, kommen Sie so nicht vom Kurs ab und verschwenden keine wertvolle Zeit.

In diesem Blog-Beitrag schauen wir uns an, wie Sie Gliederungen zu Beginn Ihres Schreibprojektes erstellen, welche Programme und Apps Sie dabei unterstützen und wie Sie auch später in Ihrer Forschungs- und Überarbeitungsphase mit Gliederungen die Übersicht behalten.


Gliedern zu Beginn Ihres Schreibprojektes

Zu Beginn eines Schreibprojektes (wie diesem Blog-Beitrag!) bin ich oft überfordert durch den Umfang des Themas oder die Menge an Informationen, die ich bei meinen ersten Recherchen nach Material gefunden habe. Das ist nicht anders, wenn ich für meine Reiseplanung viele verschiedene Reiseführer oder Webseiten zu meinem Reiseziel durchlese – es gibt einfach so viele Möglichkeiten!
Eine Gliederung hilft dabei, einen klaren Blick auf ein Schreibprojekt zu werfen, indem das große Projekt auf seine zentralen Bestandteile heruntergebrochen wird.

Eine nützliche Gliederung muss schon zu Beginn detailliert sein. Das bedeutet, dass Sie sich bereits in Ihr Thema eingelesen haben sollten, damit Sie eine genaue Vorstellung davon haben, worüber Sie schreiben möchten. Sie sollten auch eine möglichst klare Hypothese oder Forschungsfrage für Ihre Arbeit haben. Das ist ein absolutes Muss, denn Sie können Ihr Schreibprojekt nicht im Detail planen, wenn Sie nicht wissen, worauf Ihr Hauptfokus eigentlich liegt.
Wenn wir zu unserer Reisemetapher zurückkommen, würden Sie auch keine Reiseroute festlegen, bevor Sie wissen, in welches Land oder welche Region Sie reisen möchten.

Im nächsten Schritt werden Sie „brainstormen“ oder genauer über die Themen nachdenken, über die Sie schreiben möchten. Halten Sie diese Ideen zu Beginn grob auf Papier oder in einem Word-Dokument fest. Spielen Sie mit Ihren Ideen und Begriffen herum, kombinieren Sie ähnliche Themen und identifizieren Sie solche, die nicht wirklich passen.
Danach können Sie damit beginnen, Ihre Themen in eine hierarchische Struktur zu bringen. Starten Sie mit den großen Ideen und legen Sie erst danach Ihren Fokus auf die Unterpunkte. Schließen Sie interessante Punkte aus, die aber außerhalb Ihres Themenbereichs liegen.

Bei einer traditionellen Gliederung listen Sie alles von oben nach unten auf, indem Sie die Hauptpunkte in Unterpunkte untergliedern. Allerdings hilft diese lineare Denkweise nicht jedem. Wenn Sie jetzt „Ja, genau!“ denken, könnte eine Mindmap für Sie besser geeignet sein. Sie können auch verschiedene Formen kombinieren, oder auch ganze Sätze oder Abschnitte in Ihrer Gliederung unterbringen, statt nur Überschriften. Sofern Sie keine formelle Gliederung als Teil einer Studienleistung wie einem Exposé einreichen müssen, kann Ihre Gliederung in der Form sein, die für Sie am besten funktioniert.

Besonders wenn die Arbeit, die Sie schreiben, nicht sehr lang ist, könnte Ihnen eine Gliederung wie Zeitverschwendung vorkommen. Da könnte es verlockend sein, das Gliedern gleich zu überspringen. Eine Gliederung kann jedoch gerade bei kurzen Arbeiten von großem Nutzen sein. Denn Ihr Schreibstil muss umso fokussierter und präziser sein, wenn Sie auf eine bestimmte Wort- oder Seitenanzahl beschränkt sind. Mit einer Gliederung bleiben Sie exakt beim Thema und schweifen nicht ab.


Gliedern mit Software

Möchten Sie mit Ihrer Gliederung mehr machen, als sie von Hand oder in einem Word-Dokument aufzuschreiben, dann schauen Sie sich “Outlining”-Apps genauer an. Neben dem Vorteil, dass Sie alles digital speichern und leicht unterwegs verfügbar haben, bieten die Programme auch nützliche Zusatzfunktionen.

Es gibt diverse „Outlining“-Apps, um allgemeine Gliederungen zu erstellen: Outlinely, OmniOutliner, Cloud Outliner, und Workflowy sind nur einige der vielen verfügbaren Tools. Diese Tools bieten meist Funktionen wie drag & drop, eine erweiterte Suche und Tags an, die Sie in Ihrem Textverarbeitungsprogramm nicht haben. Müssen Sie eine komplexere Gliederung erstellen, sind diese Tools also einen Versuch wert. Einen ausführlichen Überblick mit kurzen Bewertungen der Apps finden Sie in diesem Zapier Blog-Beitrag (auf Englisch).

Für diejenigen, die lieber mit Hilfe einer Mindmap gliedern, gibt es eine Reihe anderer Apps: MindManager Pro, Freemind, ConceptDraw, und Mindmapper sind nur einige der vielen Optionen. Mindmapping-Programme bieten ähnliche Funktionen wie Outlining-Apps. Zusätzlich haben sie eine Exportmöglichkeit nach Word, um aus der Mindmap eine traditionelle, hierarchische Gliederung zu generieren. Die können Sie nutzen, sobald Sie beginnen, Ihre Arbeit zu schreiben.

Tools, die sowohl bei der Gliederung, als auch beim Schreiben unterstützen, können das wissenschaftliche Arbeiten wirklich rationalisieren. Mit Ihnen nehmen Sie Ihre Gliederung und füllen diese nach und nach mit Ihren Quellen, Notizen und Ideen. Es gibt zwei Programme, die das mit einem leicht unterschiedlichen Fokus können: Scrivener und Citavi.

Scrivener ist ein Programm für alle Autoren. Es umfasst ein Gliederungsmodul und man kann Textblöcke schreiben, die sich nach Bedarf hin und her bewegen lassen. Am Ende geben Sie nur das aus Scrivener aus, was Sie wirklich in Ihrem Dokument haben möchten. Das Programm bietet einige weitere hilfreiche Funktionen für Autoren, wie beispielsweise einen Pinnwand- oder Karteikarten-Modus. Sie können auch PDF-Dateien oder andere Quellen in Ihrem Projekt ergänzen. Ein großer Nachteil für wissenschaftliche Autoren ist jedoch, dass es keine Literaturverwaltungskomponente gibt, mit der sich Zitate und ein Literaturverzeichnis automatisch formatieren ließen.

Citavi ist ein Programm, das für das wissenschaftliche Schreiben entwickelt wurde. Ihre Gliederung können Sie in Form eines hierarchischen Kategoriensystems abbilden. Dann beginnen Sie damit, diese Kategorien mit Ihren gesammelten Quellen zu füllen. Dazu gesellen sich Ihre eigenen Ideen, Notizen, Informationen und Zitate, auf welche Sie beim Lesen stoßen. Sobald Sie mit dem Schreiben beginnen möchten, können Sie Ihr Kategoriensystem (oder eine einzelne Kategorie) mit Citavis Word Add-in in Word einfügen. Nutzen Sie dann die Kapitelansicht des Word Add-ins, um sich nur auf den Inhalt eines bestimmten Kapitels zu konzentrieren. Mit einem Doppelklick fügen Sie einen Nachweis, ein Zitat oder einen Gedanken in Ihr Dokument ein. Der Nachweis im Text bzw. die Fußnote und das Literaturverzeichnis werden automatisch im gewählten Zitationsstil erstellt. Da Sie alle Informationen organisiert und griffbereit haben, kann der Schreibprozess viel effizienter ablaufen – insbesondere, wenn Sie an einer längeren Arbeit wie einer Thesis oder Dissertation arbeiten.

Und was ist mit anderen Literaturverwaltungsprogrammen?
Leider bieten die meisten anderen Literaturverwaltungsprogramme keine Funktionen zur Gliederung an. Docear war eine vielversprechende Software zur Literaturverwaltung, bei der die Organisation der Daten mit Mindmaps im Fokus lag. Das Programm wurde jedoch seit 2015 nicht mehr aktualisiert. Wenn Sie mit einer Literaturverwaltung arbeiten, die keine Funktion zur Gliederung anbietet, können Sie zumindest Ordner oder Gruppen anlegen. Einer Gliederung kommen Sie so nahe, aber Sie werden meist weder Unterordner erstellen können, noch Ihr Ordnersystem automatisch in Word einfügen können.


Gliedern während des Forschungsprozesses und beim Überarbeiten

Über eine Gliederung macht man sich meist nur zu Beginn einer Arbeit Gedanken. Darum mag es Sie überraschen, dass eine Gliederung auch zu einem späteren Zeitpunkt Ihres Schreibprojektes ein hilfreiches Tool sein kann.

Wie wir uns im obigen Abschnitt zur Gliederung mit Software angeschaut haben, sammeln Sie zwischen dem Gliedern zu Beginn der Arbeit und dem eigentlichen Schreiben viele Quellen. Sie lesen diese Quellen, machen sich zu ihnen Notizen und sammeln Ihre ersten eigenen Ideen – die Sie hoffentlich im Laufe Ihrer Arbeit alle Ihrer bisherigen Gliederung zuordnen werden. Wenn Sie so weit sind, können Sie all diese Informationen in ein Dokument übertragen. So haben Sie im Blick, was Sie bereits vor sich haben, bevor Sie mit dem Schreiben beginnen. Fallen Ihnen Lücken auf, wo Sie noch nicht genügend Informationen haben, recherchieren Sie gezielt neue Quellen. Oder wenn Sie das Gefühl haben, dass in bestimmten Abschnitten zu viele Details angesprochen werden, die für Ihre Arbeit nicht relevant sind, könnten Sie diese Details aussortieren oder gar einen kompletten Unterpunkt Ihrer Gliederung streichen. Citavi macht Ihnen das mit einer Skript-Funktion einfach. Mit einem Klick erstellen Sie ein Word-Dokument, das Ihre Gliederungspunkte mit all Ihren gesammelten Informationen, Notizen, Ideen und Quellen ausgibt. Das ist wie Ihre ursprüngliche Gliederung – nur viel besser!

Wenn Sie schon weiter fortgeschritten sind und Ihren ersten Entwurf bereits geschrieben haben, können Gliederungstools Sie bei der Überarbeitung unterstützen. Dr. Rachael Cayley, eine Professorin und Autorin eines Blogs zum wissenschaftlichen Arbeiten empfiehlt die “Reverse Outline”-Methode. Mit dieser analysieren Sie die Struktur und den Aufbau Ihrer Arbeit. Im Grunde genommen werfen Sie einen strengen Blick darauf, was Sie bisher geschrieben haben und formulieren die Hauptaussage jedes Abschnitts neu. Dann ordnen Sie all diese Hauptaussagen in einem separaten Dokument an.

Nun ist es wichtig, dass Sie diese neue Gliederung genau abgleichen mit der bisherigen Struktur Ihrer Arbeit. Macht die Anordnung Ihrer Ideen noch immer Sinn? Beinhalten manche Abschnitte zu viele Themen oder gar Themen, die nicht mehr zum Fokus der Arbeit passen? Gibt es zu viele verschachtelte Unter-Unter-Kategorien, die in neuen, höher angeordneten Kategorien zusammengefasst werden könnten? Wenn Sie diese Methode verwenden, werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit Ihre Gliederung überarbeiten. Anschließend können Sie Ihren Entwurf neu anordnen, sodass er zu Ihrer neuen Gliederung passt. Das Ergebnis sollte eine fokussiertere Arbeit mit einem logischeren Aufbau sein. Cayley betont jedoch, dass es bei dieser Methode sehr wichtig ist, ehrlich zu sich selbst zu sein. Nur dann geht Ihr Plan auch auf: Ihre Gliederung bildet die Struktur Ihrer Arbeit so ab, wie Sie ist und nicht wie Sie sie sich wünschen.


Eine Erinnerung zum Schluss

Eine Gliederung kann Ihnen an allen Stationen Ihres Schreibprojektes weiterhelfen. Das bedeutet aber keineswegs, dass Ihre Gliederung in Stein gemeißelt sein muss! Während Ihrer Reise könnten Sie auch von einem neuen, spannenden Ziel oder einer Veranstaltung erfahren und Ihre Reiseroute abändern. Ebenso kann auch die ausgehende Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit nie alle Aha-Momente, kreativen Einfälle und Erkenntnisausbrüche vorwegnehmen, die Sie während Ihrer Forschung und beim Schreiben erleben werden. Sehen Sie Ihre Gliederung als einen Reiseführer, der Ihnen die richtige Richtung zeigt und Ihnen Struktur gibt, aber lassen Sie sich von ihm nicht abhalten, neu entdeckte Gebiete oder unbekannte Wege einzuschlagen.
Denken Sie daran, dass eine Gliederung immer überarbeitet werden kann.

 

Halten Sie Gliederungen auch für nützlich? Haben Sie je die “Reverse Outline”-Methode ausprobiert? Nutzen Sie einen anderen Ansatz oder eine Software, die wir nicht erwähnt haben? Erzählen Sie uns auf unserer Facebook-Seite davon!

Erstellt von: Jennifer Schultz – Veröffentlicht am: 24.09.2019
Tags: Wissen managen Besser arbeiten


Über Jennifer Schultz

Jennifer Schultz ist die einzige Amerikanerin im Citavi-Team, was ihr ihre Kollegen aber (normalerweise) nicht verübeln. Ihre Leidenschaft, Wissenschaftler bei ihrer Arbeit zu unterstützen, brachte ihr einen erfolgreichen Studienabschluss. Sie mag es aber auch, schwierige Sprachen zu lernen, draußen in der Natur zu sein und ihre Nase in ein Buch zu stecken.

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