Setzen Sie den richtigen Rahmen

Der allerbeste Tipp gegen Schreibblockaden bei Ihrer Dissertation - oder anderen Schreibprojekten 

Bildnachweis: pine watt on Unsplash

Beim Schreiben meiner wissenschaftlichen Arbeit kam ich irgendwann an den Punkt, an dem ich mich fühlte wie eine Autorin 

Deshalb nahm ich den Klassiker "Bird by BirdWort für Wort" von Anne Lamott zur Hand. Darin finden sich "Anleitungen zum Schreiben und Leben als Schriftsteller". Das gesamte Buch ist eine Schatzkiste gefüllt mit großartigen Tipps fürs Schreiben. Diese Tipps werden freundlich und humorvoll vermittelt, dass das Lesen eine wahre Freude ist. 

Seitdem ich das Buch gelesen habe, hat mich ein wertvoller Rat nicht mehr losgelassen. Diesen Rat habe ich nicht nur beim Schreiben angewandt, sondern auch in allen anderen großen Projekten, die auf den ersten Blick überwältigend schienen. Das Wesentlich davon ist: 

Bekommen Sie keine Panik, wenn Sie an die unüberwindliche Aufgabe denken, die vor Ihnen steht. Konzentrieren Sie sich auf eine kleine Aufgabe, und machen Sie es zu Ihrer Aufgabe, nur diesen kleinen Teil zu erledigen. Schaffen Sie sich leicht erreichbare Ziele. 

Lamott beschreibt das viel besser. Sie eröffnet das Kapitel damit, dass sie die Angst beschreibt. Die Angst, die sie überkommt, wenn Sie sich hinsetzen und schreiben sollte.  
Sobald die Angst abklingt, kann Lamott allerdings weitermachen: 

Ich versuche wieder zu atmen, langsam, gleichmäßig, bis mein Blick endlich auf den kleinen Bilderrahmen auf meinem Schreibtisch fällt, der mich an die leicht erreichbaren Ziele erinnern soll. 

Was ich damit meine? Ich meine damit, dass ich nur so viel aufzuschreiben brauche, wie ich durch den kleinen Bilderrahmen (er ist zweieinhalb Zentimeter hoch und genauso breit) sehen kann. Mehr muss ich in diesem Moment nicht bewältigen. Ich muss zum Beispiel nur diesen einen Abschnitt schaffen, der meine Geschichte in meiner Heimatstadt Ende der fünfziger Jahre beschreibt, als die Züge noch fuhren. Ich werde mit Worten ein Bild davon entwerfen. Oder ich beschreibe nur die Hauptfigur, wie sie aus der Tür auf die Veranda hinaustritt und wir ihr zum ersten Mal begegnen. Ich brauche noch keinen ihrer Gedanken wiederzugeben, muss nicht einmal ihren Gesichtsausdruck erwähnen, als sie den blinden Hund entdeckt, der hinterm Steuer ihres Autos hockt. Ich beschreibe nur den Ausschnitt, den ich durch meinen quadratischen Bilderrahmen betrachten kann, beschreibe nur das Bild einer Frau, die wir noch nie zuvor gesehen haben. 

E.L. Doctorow sagte einmal, einen Roman zu schreiben sei wie »nachts Auto zu fahren. Man sieht immer nur so weit, wie die Scheinwerfer reichen, kann aber problemlos auf diese Art lange Strecken bewältigen.« Man muss nicht sehen, wohin die Reise geht, man muss das endgültige Ziel oder all das, was außerhalb des Lichtkegels an einem vorüberzieht, nicht erkennen können, um eine Geschichte zu schreiben. Es reicht, wenn Sie die paar Meter, die vor Ihnen liegen, klar und deutlich ausmachen können, denn auch auf diese Art kommen Sie an.  

Beruhigende Worte, oder? Im Originaltext auf Englisch spricht Lamott von Ihrem "one-inch picture frame". Lamott schließt den Absatz so ab: 

"Und diese Erkenntnis ist eine der besten Weisheiten, die ich je über das Schreiben oder das Leben an sich gehört habe." (Lamott 2004, S. 4243) 

Ich kann ihr nur zustimmen. 

Dieses Prinzip beim Schreiben im Hinterkopf zu behalten, kann sehr hilfreich sein. Ja, Sie brauchen eine Grundstruktur. Wenn wir an die Scheinwerfer-Metapher denken: es ist wahrscheinlich, dass Doctorow die Route bereits geplant und ein Ziel im Kopf hatte. Auch wenn er es nicht sehen konnte. Wenn Sie sich ums eigentliche Schreiben kümmern, wird es merklich einfacher, wenn auch Sie Ihrer Panik-Attacke überwunden haben. 

Nehmen Sie sich immer nur einen kleinen Abschnitt vor. Wort für Wort. 

 

Zur Vertiefung: 

Lamott, Anne (2004): Bird by bird - Wort für Wort. [Anleitungen zum Schreiben und Leben als Schriftsteller]. Dt. Erstausg. [Berlin]: Autorenhaus-Verl. 

Erstellt von: Jennifer Schultz – Veröffentlicht am: 31.07.2018
Tags: Kreativität Schreiben


Über Jennifer Schultz

Jennifer Schultz ist die einzige Amerikanerin im Citavi-Team, was ihr ihre Kollegen aber (normalerweise) nicht verübeln. Ihre Leidenschaft, Wissenschaftler bei ihrer Arbeit zu unterstützen, brachte ihr einen erfolgreichen Studienabschluss. Sie mag es aber auch, schwierige Sprachen zu lernen, draußen in der Natur zu sein und ihre Nase in ein Buch zu stecken.

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