Was ist eigentlich Peer-Review?

Wie Sie „peer-reviewte“ Artikel für Ihre erste Seminararbeit finden

(Bildnachweis: 3844328 on pixabay)

 

Was ist ein „peer-reviewter” Zeitschriftenaufsatz?

Bei Ihrer ersten Seminararbeit dürfen Sie nur wissenschaftliche Zeitschriftenartikel mit „Peer-Review“ zitieren. Falls Sie sich jetzt fragen, was das bedeutet, sind Sie nicht allein.

Ich arbeitete als Praktikantin in meiner Universitätsbibliothek und erinnere mich noch an den Tag, als eine Erstsemesterstudentin zu mir an die Auskunftstheke kam, mir ein Blatt Papier mit der Anforderung Zeitschriften mit Peer-Review gab und fragte, wo sie die finden könne.

Fälschlicherweise erwartet man, dass man nur in einen Bereich der Bibliothek gehen muss, ein paar Fachzeitschriften durchblättert und darin nur wissenschaftliche Artikel mit Peer-Review für die eigene Arbeit findet. Heute abonnieren jedoch immer weniger Bibliotheken gedruckte Zeitschriften. Darum würden Sie eher in einer Datenbank nach Aufsätzen für Ihre Arbeit suchen.
Bevor wir uns das genauer anschauen, klären wir, was Zeitschriften mit Peer-Review eigentlich sind.

 

Was bedeutet Peer-Review?

Ein Zeitschriftenaufsatz, der ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hat, wurde durch Experten des Fachgebiets des Autors ausgewählt, begutachtet und zur Veröffentlichung freigegeben.
Der Peer-Review-Prozess verläuft häufig im „Doppelblindverfahren”. Das bedeutet, dass die Reviewer nicht die Identität des Autors kennen und die Autoren auch nicht die der Reviewer. In der Regel gibt es zwei oder drei Reviewer. Sie ergänzen Kommentare für den Autor und schlagen Korrekturen vor. Der Herausgeber der Zeitschrift prüft, ob der Autor die Änderungsvorschläge berücksichtigt hat, wenn er darüber entscheidet, ob der Artikel veröffentlicht werden soll. Dieser Prozess kann sehr zeitaufwändig sein. Aber er ist so konzipiert, um die höchstmögliche Qualität eines veröffentlichten Artikels sicherzustellen.

 

Wo können Sie begutachtete Artikel mit Peer-Review finden?

Wenn Sie, wie die Studentin in meiner Geschichte zu Beginn zum ersten Mal nach „peer-reviewten” Artikeln suchen, wo können Sie diese finden?

Beginnen Sie mit Ihrer Suche auf der Webseite Ihrer Bibliothek. Viele Universitätsbibliotheken bieten dort ein Suchportal an, das sowohl den Bibliothekskatalog als auch lizenzierte Datenbanken gleichzeitig durchsucht. Hat Ihre Bibliothek ein solches Portal, geben Sie einfach die Suchbegriffe für Ihre Arbeit ein und Sie werden wahrscheinlich viele Treffer finden, auf die Sie Zugriff haben.

Falls Ihre Bibliothek kein Suchportal hat, werden Sie meist einen Link zu Datenbanken finden. Sind die Datenbanken nach Fachgebiet sortiert, wählen Sie das Gebiet, das am besten zum Thema Ihrer Arbeit passt. Wenn Sie sich nicht sicher sind, welchem Fachgebiet Sie Ihre Arbeit zuordnen sollen oder Ihre Arbeit interdisziplinär ist, entscheiden Sie sich für eine Datenbank wie EBSCO’s Academic Search. Manche Datenbanken haben in der Erweiterten Suche eine Funktion, Ihre Suche auf „Scholarly (Peer Reviewed) Journals” bzw. auf Artikel, die „Durch Fachleute geprüft” sind, zu beschränken. Andere Datenbanken bieten Ihnen eine Filtermöglichkeit, um Ihre Trefferliste auf „peer-reviewte” Artikel einzugrenzen. Achten Sie auf solche Funktionen.

Besonders wenn die Datenbanken, die Sie durchsucht haben, keine Funktion zur Einschränkung auf „peer-reviewte“ Artikel bieten, überprüfen Sie zunächst, welche Arten von Quellen Sie gefunden haben. Ein Artikel mag auf den ersten Blick wie aus einer „peer-reviewten“ Zeitschrift erscheinen. Auf den zweiten Blick stammt er aber aus einer Zeitung oder einer Publikumszeitschrift bzw. einem Magazin. Auch wenn Sie einen Artikel in einer Datenbank gefunden haben, der in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht wurde, ist er nicht automatisch ein „peer-reviewter“ Artikel. Rezensionen oder Editorials haben beispielsweise keinen Peer-Review-Prozess durchlaufen.

Die meisten „peer-reviewten“ Artikel finden Sie wie oben erwähnt online in Datenbanken. Da aber viele Studenten zugleich die Vorgabe haben, keine Internetquellen für ihre erste Arbeit zu verwenden, ist das verständlicherweise verwirrend. Denn Datenbanken sind nur online zugänglich. Dennoch sind „peer-reviewte“ Zeitschriftenaufsätze, die in Fachdatenbanken gefunden wurden, wissenschaftliche Quellen. Diese können Sie ohne Sorge zitieren.
Falls Sie sich einmal unsicher sind, fragen Sie Ihren Professor oder Betreuer Ihrer Arbeit.

 

Sind Preprints „peer-reviewt“? Und was sind eigentlich Preprints?

Bei Ihren Datenbankrecherchen begegnen Ihnen unter Umständen Artikel, die mit einem der folgenden Begriffe ausgezeichnet sind: „pre-print publication”, „working paper”, „online first”, oder „Epub ahead of print”. Jeder dieser Begriffe meint, dass ein Artikel noch nicht den gesamten Veröffentlichungsprozess durchlaufen hat und damit noch nicht in der gedruckten Ausgabe einer Zeitschrift erschienen ist. Wenn Sie bei einem Artikel „pre-print”, „preprint” oder „working paper” sehen, bedeutet das in der Regeln, dass dieser Artikel nicht „peer-reviewt“ ist.

In naturwissenschaftlichen Fächern, der Mathematik und Physik sind Preprints präsenter als in anderen Disziplinen. Die Hauptgründe dafür sind, schnelles Feedback vor dem Einreichen bei einem Verlag zu bekommen, Anspruch auf die Ergebnisse zu erheben bevor es jemand anderes macht, und die Ergebnisse so schnell wie möglich zu teilen, dass sie von anderen Wissenschaftlern genutzt werden können.

Wenn Sie „online first” oder „Epub ahead of print” in einer Aufsatz-Datenbank sehen, bedeutet dies meist, dass der Artikel akzeptiert wurde und ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hat. Der Artikel wartet nur darauf, in der Printausgabe der Zeitschrift veröffentlicht zu werden. Diese Artikel sind als Postprints bekannt.

Dürfen Sie in Ihrer ersten Seminararbeit einen Preprint-Artikel zitieren? Wenn Ihre Anforderung ist, nur „peer-reviewte“ Artikel zu zitieren, sollten Sie ein Preprint nicht zitieren, da er keinen Peer-Review-Prozess durchlaufen hat. Sie können jedoch ein Postprint zitieren, solange Sie das entsprechend kennzeichnen. Um ein Postprint in Citavi aufzunehmen, machen Sie einen Rechtsklick in das Feld Jahr und wählen Sie Publikation ist noch im Druck. Geben Sie das Datum das Artikels im Feld Online verfügbar ab ein. Der Zitationsstil, den Sie gewählt haben, wird automatisch die korrekte Bezeichnung ergänzen.

Bevor Sie Ihre Arbeit abgeben, prüfen Sie, ob der Artikel in der Zwischenzeit gedruckt wurde. Dazu klicken Sie auf die blaue Feldbezeichnung DOI und wählen Titelangaben überschreiben. Wenn Sie nun in den Feldern Jahrgang, Jahr und Heftnummer Einträge sehen, wurde der Artikel veröffentlicht.

Prüfen Sie lieber noch einmal, dass alles, was Sie zitiert haben, noch aktuell ist und mit der veröffentlichten Version des Artikels übereinstimmt.

 

„Peer-reviewte“ Zeitschriftenaufsätze in Citavi

Sobald Sie „peer-reviewte“ Zeitschriften online gefunden haben, übernehmen Sie diese leicht in Citavi. Aber was, wenn Sie die Online-Recherche in Citavi verwenden und keine Filtermöglichkeiten nach Peer-Review oder nicht haben?

Wir empfehlen Ihnen, die interessanten Treffer zu importieren und ihnen die Aufgabe Prüfen zuzuweisen. Bevor Sie die Volltexte der Artikel beschaffen, gehen Sie alle Titel mit dieser Aufgabe durch. Versuchen Sie anhand der folgenden Kriterien zu evaluieren, ob der Artikel „peer-reviewt“ ist oder nicht:

  • Zuerst überprüfen Sie, ob die Quelle ein Zeitschriftenartikel ist. Viele Zeitschriften haben den Begriff „Journal” oder „Zeitschrift” als Teil Ihres Titels, aber viele auch nicht. Das beste Indiz ist, wenn das Feld Jahrgang einen Eintrag hat. Preprints und manche Zeitschriftenaufsätze haben diesen Eintrag nicht. Eine DOI ist auch ein guter Hinweis darauf, dass Sie einen Zeitschriftenaufsatz vor sich haben. Allerdings werden DOIs auch manchmal bei Konferenzbeiträgen vergeben. Wenn Sie ein komplettes Datum oder einen Monat und Jahr anstelle nur eines Jahres sehen, und der Artikel ist nur eine oder zwei Seiten lang, haben Sie wahrscheinlich einen Zeitungsartikel oder Magazinartikel vor sich.
  • Dann prüfen Sie auf die Karteikarte Titel, ob es eine Angabe zur Quelle im Feld Titelzusätze oder Notiz gibt. Sehen Sie dort „Journal Article” oder etwas Ähnliches, sind Sie auf dem richten Weg. Dort könnte aber auch „Letter to the editor”, „Letter”, „Editorial” „Book review”, etc. stehen. Diese Dokumententypen sind nicht „peer-reviewt“.
  • Als Nächstes wechseln Sie auf den Reiter Inhalt und lesen das Abstract, falls verfügbar. Scheint der Artikel ein Experiment oder eine eigene Analyse der Autoren zu beinhalten? Dann ist dies sehr wahrscheinlich ein „peer-reviewter“ Artikel.

Dieser Prozess hilft Ihnen dabei, diejenigen Quellen auszusortieren, die höchstwahrscheinlich kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben. In manchen Fällen werden Sie das aber erst herausfinden, nachdem Sie den Volltext des Artikels gelesen haben. Falls Sie sich einmal unsicher sind, bitten Sie in Ihrer Bibliothek um Hilfe. Bibliothekare sind Experten darin, verschiedene Dokumententypen zu unterscheiden.

 

Gibt es Schwachstellen beim Peer-Review-Verfahren?

2018 reichten drei Autoren absichtlich gefälschte Zeitschriftenaufsätze bei Zeitschriften mit Peer-Review ein. Sie wollten herausfinden, ob ihre Arbeiten veröffentlicht werden würden. Erstaunlicherweise wurden 7 von 20 Artikeln zur Veröffentlichung akzeptiert. Die Zeitschriften, die die gefälschten Artikel veröffentlicht hatten, haben diese inzwischen zurückgezogen.

Der Hoax erreichte öffentliche Aufmerksamkeit und führte zu vielen Diskussionen über Peer-Review - sowohl unter Wissenschaftlern als auch außerhalb. Auch wenn das mutmaßliche Ziel der Autoren war, die Mängel der wissenschaftlichen Praxis in bestimmten kulturwissenschaftlichen Disziplinen aufzudecken, die sie „grievance studies” (=„Jammerstudien”) nannten, zeigt der Hoax auch, dass Peer-Review kein perfektes System ist.

Während dieser Fall einer der medial größten zum Peer Review war, haben Wissenschaftler längst hervorgehoben, dass das System nicht vor statistischem Betrug schützt oder davor, falsche Schlussfolgerungen basierend auf gefälschten Daten zu ziehen. Denn die Reviewer haben normalerweise keinen Zugriff auf die Forschungsdaten der Autoren. Erschwerend kommt hinzu, dass einige Zeitschriften den Autoren erlauben, ihre Namen an potentielle Reviewer weiterzuleiten. Es wurde entdeckt, dass Autoren gefälschte E-Mail-Adressen oder Namen nutzten, und dann Ihre eigene Arbeit bewertet hatten.

Bedeuten diese Probleme, dass wir den Peer-Review-Prozess am besten ganz abschaffen sollten? Es gibt Aktivitäten, den Prozess tatsächlich zu reformieren. Unter anderem die Initiative des Open Peer-Review, bei der die Reviewer nicht mehr anonym sind.

Selbst wenn solche Änderungen am System nie eine breite Akzeptanz finden, sollten wir uns bewusst machen, dass Missbrauch nur bei einem sehr kleinen Prozentsatz aller veröffentlichter wissenschaftlicher Artikel vorkommt. Ohne Zweifel könnte Peer-Review in gewisser Weise verbessert werden. Insgesamt hat es sich als ein sehr gutes System erwiesen, um sicherzustellen, dass nur qualitativ hochwertige wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht werden.

 

Haben Sie Fragen oder möchten uns Ihre Meinung zum Thema Peer-Review sagen?
Wir würden uns freuen, von Ihnen auf unserer Facebook-Seite zu hören!

Erstellt von: Jennifer Schultz – Veröffentlicht am: 26.02.2019
Tags: Erste Seminararbeit Recherche


Über Jennifer Schultz

Jennifer Schultz ist die einzige Amerikanerin im Citavi-Team, was ihr ihre Kollegen aber (normalerweise) nicht verübeln. Ihre Leidenschaft, Wissenschaftler bei ihrer Arbeit zu unterstützen, brachte ihr einen erfolgreichen Studienabschluss. Sie mag es aber auch, schwierige Sprachen zu lernen, draußen in der Natur zu sein und ihre Nase in ein Buch zu stecken.

Get a regular dose of research inspiration. Enter your email address to get bi-weekly emails whenever new content is added.