Darf man Social Media zitieren?

Warum es problematisch sein kann und wann es Sinn macht

Bildnachweis: Eaters Collective on Unsplash

Im Grundkurs zum wissenschaftlichen Arbeiten wurde Ihnen beigebracht, dass Sie für Ihre Arbeit auf wissenschaftliche Quellen bzw. Quellen mit Peer-Review zurückgreifen sollen, um Ihre Annahme zu unterstützen oder um ein Gegenargument zu belegen. Vielleicht wurde Ihnen auch erklärt, dass Sie am besten überhaupt keine Onlinequellen oder zumindest keine „populären“ Quellen wie Wikipedia, Webseiten oder Blogs von Privatpersonen oder Firmen und Social-Media-Beiträge zitieren.

Im Grunde genommen machen Sie alles richtig, wenn Sie diesen Ratschlag beherzigen. Ihre Forschung sollte immer auf den besten Quellen aufbauen, die Sie finden können – Quellen, die so frei wie möglich von Bias sind, die von anderen Wissenschaftlern des Fachbereichs begutachtet wurden und die keine veralteten oder falschen Informationen enthalten. Aktuelle Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und Fachbüchern erfüllen diese Anforderungen (egal ob sie gedruckt oder online veröffentlicht wurden). Dazu zählen aber auch andere Ressourcen, die nur online verfügbar sind: Online-Datenbanken mit Zeitschriftenaufsätzen oder Konferenzbeiträgen, Open-Access-Zeitschriften oder Berichte und Statistiken auf Behörden-Webseiten. Sie werden an vielen Stellen auch online auf verlässliche Quellen stoßen.

Schwieriger wird ist, wenn Sie online Informationen gefunden haben, die aus einer Quelle stammen, deren Verlässlichkeit und Objektivität sich nicht ganz so leicht beurteilen lassen. Das trifft auf Wikipedia, Blogs oder Informationen aus sozialen Medien zu. Wir haben uns Wikipedia in einem vorherigen Blog-Beitrag genauer angeschaut. Wenn Sie wissen möchten, wann Sie Wikipedia bei Ihrer Forschung nutzen oder besser darauf verzichten sollten, können Sie es hier nachlesen.

 

Das grundsätzliche Problem der sozialen Medien

Warum sollten Sie generell keine Social-Media-Beiträge oder Posts zitieren? Werfen Sie doch mal einen kritischen Blick auf Ihre eigenen Social-Media-Posts. Gibt es in jedem Ihrer Posts neue Erkenntnisse zu Ihrer Forschung oder basieren Ihre Beiträge auf interessanten Ergebnissen, auf die Sie in der Fachliteratur gestoßen sind? Wurden Ihre Kommentare von Ihren Fachkollegen auf deren Richtigkeit geprüft?

Natürlich nicht! Die meisten von uns teilen spontan unsere Meinungen, einen Schnappschuss oder das letzte virale Katzenvideo, wenn wir diese Plattformen nutzen. Und das ist völlig in Ordnung. Die sozialen Medien sind nicht als wissenschaftliches Kommunikationswerkzeug gedacht. Sondern stattdessen dafür, dass wir unsere Meinungen, Erfahrungen und Emotionen mit unseren Freunden, Bekannten und unserer Familie teilen können. Wenn also Ihre Tante, die keine Verbindung zur NASA hat, auf ihrem Social-Media-Account postet: „Es ist nie ein Mensch auf dem Mond gewesen, verdammt nochmal!“, sollten Sie sie offensichtlich nicht als verlässliche Quelle betrachten und somit ihre Meinung nicht als Fakt in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit zitieren.

Hinzu kommt, dass häufig Pseudonyme oder gefälschte Accounts zur Verbreitung von Inhalten über Social Media genutzt werden. Solange Sie eine Person nicht persönlich kennen oder sich nicht sicher sein können, dass es sich wirklich um diese Person handelt, sollten Sie die Aussagen mit größter Vorsicht behandeln.

 

Weitere Einschränkungen der sozialen Medien

Nicht nur die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit der Quellen gestaltet das Zitieren von Social-Media-Beiträgen schwierig. Auch deren Vergänglichkeit stellt ein Problem dar. Wie jeder Webcontent sind auch Social-Media-Beiträge nicht dauerhaft verfügbar. Zahlt ein Blogger die Gebühren seines Hosting-Anbieters nicht mehr, geht der Blog offline. Oder eine politische Partei löscht einfach einen kontrovers diskutierten Tweet. Auch eine komplette Social-Media-Plattform könnte von der Bildfläche verschwinden, wie das bei der Videoplattform Vine der Fall war. Wenn Sie eine dieser Quellen zitiert haben, könnten Ihre Leser nicht mehr darauf zurückgreifen, falls Sie keine Kopie gespeichert haben, z.B. in Form eines PDFs in Citavi.

Eine weitere Einschränkung für das Zitieren ist der Zugang zu einer Quelle. Zitieren Sie einen Beitrag, der nicht öffentlich zugänglich ist, können Ihre Leser diesen nicht wiederfinden oder überprüfen. Bei manchen Apps oder Plattformen muss man sich zuerst registrieren, für sie bezahlen oder einen Dienst herunterladen, um die Inhalte überhaupt zu sehen.

 

Wann macht es Sinn, Social Media zu zitieren?

Trotz der Einschränkungen der Vertrauenswürdigkeit, der Vergänglichkeit und dem Zugang zu Social-Media-Beiträgen, gibt es Ausnahmen, in welchen das Zitieren doch Sinn macht. Denn es wird nicht jeder Beitrag in den sozialen Medien auf die gleiche Weise produziert. Beispielsweise wird sowohl ein sorgfältig erstelltes YouTube-Video eines Professors über Quantenphysik als auch das Foto des Mittagessens Ihres Freundes auf Instagram als „Social Media“ bezeichnet. Jedoch wäre nur das Video eine vertrauenswürdige Quelle, auf die Sie auch in Ihrer Arbeit zu diesem Thema verweisen könnten. Wie bei jeder anderen Quelle (sogar Büchern und Artikeln, die wissenschaftlich wirken), ist es sehr wichtig, deren Vertrauenswürdigkeit zu prüfen und für sich zu entscheiden, ob diese Quelle seriös ist und damit in der eigenen Arbeit verwendet werden sollte. Die Technische Informationsbibliothek hilft Ihnen bei der Entscheidung mit dieser Checkliste zur Bewertung von Internetquellen.

Eine weitere Frage, die Sie sich stellen sollten, ist wer eine bestimmte Äußerung auf Social Media veröffentlicht. Wenn Sie sich vorstellen, Sie schreiben eine Arbeit über diplomatische Strategien, könnten Sie einen aufrührerischen Tweet eines Weltführers als negatives Beispiel wählen, aber würden nicht die Meinung eines Informatikers zitieren.

Und was ist mit dem Foto des Mittagessens Ihres Freundes auf Instagram? Überraschenderweise könnte es auch dafür die richtige Arbeit geben, in der man diese Abbildung zitieren könnte! Wenn Sie einen Artikel über internationale Food Trends schreiben, die Anzahl der Bilder mit einem bestimmten Hashtag vergleichen und spezielle Beispiele aufzeigen möchten, könnte dieses Foto ein Forschungsgegenstand sein.

In diesen Fällen könnte es zusammenfassend Sinn machen, Social Media zu zitieren:

  • Eine einflussreiche Person eines Fachs oder in einer bestimmten Position äußert eine Meinung über Ihr Fachgebiet.
  • Sie erforschen die Meinung von Menschen und zitieren Social-Media-Beiträge als Beispiele und nicht als Tatsachen.
  • Sie erforschen die Nutzung von Social Media, zum Beispiel in einer Arbeit zum Thema „Influencer Marketing“.
  • Sie analysieren Social-Media-Posts als Beweis für Trends.
  • Sie möchten ein Bild aus den sozialen Medien in Ihrer Arbeit nutzen.
  • Sie möchten Informationen aus einem Video oder einer Grafik zitieren, die eine vertrauenswürdige Organisation veröffentlicht hat.
  • Sie möchten Informationen aus einem Blog einer vertrauenswürdigen Person oder Organisation zitieren.

Kurz gesagt, bestimmt Ihr Forschungsgebiet darüber, ob Sie Social Media zitieren sollten oder nicht. Wenn Sie eine Information aus Social Media verwenden möchten, muss die Quelle vertrauenswürdig sein. Denken Sie aber daran, dass Sie sich immer auch auf klassische Quellen wie Fachzeitschriften oder Bücher verlassen sollten.

 

Wie zitieren Sie nun Social-Media-Posts genau? Darauf werden wir in einem zukünftigen Blog-Beitrag eingehen. Sie möchten unbedingt wissen, wie Sie einen TikTok-Clip, einen Facebook-Kommentar oder eine Instagram-Story in einem bestimmten Zitationsstil angeben? Dann schreiben Sie uns Ihr Beispiel auf unserer Facebook-Seite und wir berücksichtigen es gerne im kommenden Blog-Beitrag zu diesem Thema.

Erstellt von: Jennifer Schultz – Veröffentlicht am: 28.01.2020
Tags: Erste Seminararbeit Zitieren


Über Jennifer Schultz

Jennifer Schultz ist die einzige Amerikanerin im Citavi-Team, was ihr ihre Kollegen aber (normalerweise) nicht verübeln. Ihre Leidenschaft, Wissenschaftler bei ihrer Arbeit zu unterstützen, brachte ihr einen erfolgreichen Studienabschluss. Sie mag es aber auch, schwierige Sprachen zu lernen, draußen in der Natur zu sein und ihre Nase in ein Buch zu stecken.

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